Sind Essstörungen heilbar?
Gestern war mal wieder eine dieser Nächte. Eine Nacht, in der ich mich von links nach rechts gewälzt habe und nicht zur Ruhe gekommen bin. Mein Kopf hat unentwegt gerattert, bis ich mich irgendwann dazu entschieden habe, das Licht anzuschalten und mich abzulenken.
Dieses Mal in Form von Dateien-Sortieren. Wenn ich euch jetzt die Anzahl der Fotos auf meinem Handy nennen würde, würdet ihr mir vermutlich einen Vogel zeigen. Es war schon längst an der Zeit, da mal Einiges auszusortieren.
Während ich so durch die Bilder der vergangenen Jahre scrollte, sind mir viele Dinge klar geworden. Ich konnte nahezu nachverfolgen, wie ich tiefer und tiefer in die Spirale der Essstörung gerutscht bin. Die Fotos von Mahlzeiten wurden immer häufiger, die Portionen wurden immer kleiner und die Bilder von mir immer magerer.
Es waren so viele Details, die ich damals nicht wahrnehmen konnte und jetzt so glasklar sehe, dass es mir wie Schuppen von den Augen fällt. Zu den schlimmsten Zeiten habe ich selbst eine einzige Kiwi circa 20 Mal fotografiert, weil es für mich so etwas besonderes war, die ganze Kiwi allein zu essen. Eine kleine Kiwi… Für mich damals ein Highlight, wie für andere ein ganzes Festmahl.
Auch Bilder von Produkten beim Einkaufen haben sich zu Hunderten angehäuft. Unzählige Lebensmittel, die ich im Supermarkt in der Hand hatte, so gern probiert hätte, aber letztendlich doch zurück gestellt habe, weil die Krankheit es mir nicht erlaubt hat. Und ich spreche dabei nicht von irgendwelchen Süßigkeiten, nein, selbst Joghurts oder Pasta sind zurück ins Regal gewandert.
Tja, das war eine ganz schöne Gefühlsachterbahn, so mitten in der Nacht. Aber wisst ihr was? Ich bin so unendlich dankbar, dass ich das jetzt erkennen kann. Dass ich mich von der Krankheit lösen und die Symptome deuten kann. Nur so ist es möglich dagegen anzukämpfen und sie eines Tages vollends zu besiegen.
Vor wenigen Monaten habe ich es mir gar nicht vorstellen können gewisse Lebensmittel oder Portionen überhaupt essen zu dürfen – heute kann ich es mir nicht mehr vorstellen, sie mir selbst zu verbieten. Es ist ein Prozess, der viel Geduld, Mut, Kraft und Nerven verlangt, aber es ist möglich gesund zu werden.
An all euch tapferen Kämpfer und Kämpferinnen dort draußen: Schämt euch nicht! Lasst euch nicht unterkriegen! Seid stolz auf jeden einzelnen Schritt den ihr macht! Auch wenn das Ziel gesund zu werden so unendlich fern scheint und die Gedanken euch auf das Grausamste quälen: ES WIRD BESSER WERDEN !
Ich habe es selbst lange nicht für möglich gehalten, doch jetzt kann ich es am eigenen Körper erleben. Ich kann es spüren und es fühlt sich so unfassbar gut an. Haltet durch, euer Wille wird belohnt!
Eure Sophie
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